HEINRICH KURT OTTO HAUBROK
VORGANG VISSER "TONY" -Para-Funker vom "BI"-
Der Niederländer TONY VISSER aus Heemstede wanderte etwa 1942 illegal nach England aus. Er wurde auf diesem Wege in Südfrankreich zuerst festgenommen und kam in ein Lager, woraus er aber nach einiger Zeit entlassen wurde, oder flüchten konnte. Als er glücklich die Spanische Grense passiert hatte, landete er im Camp von MIRANDA wo sich viele Niederländische Englandfahrer befanden und durch Hilfe der Niederländischen diplomatischen Instanzen in Spanien nach England weitergeleitet wurden. VISSER blieb noch einige Zeit in Spanien und arbeitete für den dortigen Niederlandische Konsul, dem er Nachrichten -me ist politischer Art - Zutrug. In England kam Visser zum "BI" in London und wurde als Funker ausgebildet. Zusammen mit dem "Reg. Agenten" Van der WAAL - UKW-Sprecher wurde VISSER als Funker für die Spionage-Gruppe "Albrecht" etwa im März 1944 im Peurssumer-Polder bei Gorichem gedropt. Arbeitsmäsig hatte VISSER mit Van der WAAL nicht gemein. Allein hatten sie die gleiche Kontaktadresse, nämlich die des Bauern H. KLOK (H. Kloek) in Peussum von England mitbekommen. Die beiden etwa 35 jährigen Bauernsöhne sind gute Bekannte des ehemaligen Leiters der Spionage-Gruppe "EVERT" in Den Haag und jetzigen Niederlandische Major Leen POT - BI - der früher bei dem Bauern "getaucht" war und dort viel zur Jagd ging. Als Van der WAAL von seiner Verhängnisvollen Fahrt nach Vught nicht zurückkehrte, begab sich VISSER mit seinem Funkgerät an eine Adresse -X- in Dussen-Hang (Nähe von Biesbosch), wo er seine Funktätigkeit aufnahm.
Peursum polder bij Gorinchem.
Hank-Dussen.
Er hatte hier Verbindung zu dem etwa um die gleiche Zeit gedropten Parachutisten mit der Sendebezeichnung KIKKERDRIL (Robbie Mooiweer). Dieser arbeitete mit VISSER eng zusammen und spielte mehr die Rolle einem "Organisatoren", hatte einen eigenen CODE und gab teilweise seine Berichte in diesem . KIKKERDRIL wohnte und arbeitete zeitweise bei dem Niederländer VARK in Dussen-Hang (Hank), der auf Bl. 3 unter Nr. 107 aufgeführt ist, über den ich zum Schluss zu seiner eigenen Festnahme noch zu sprechen kommen wurde. Als es "Tony" im Biesbosch zu gefährlich wurde - es waren zu der Zeit dort viel Razzien - ging er nach Rotterdam. Hier fand er unter andere Aufnahme bei dem Niederländischen Polizei Inspektör POUSS oder POUS (De Beul), Rotterdam, Strasse ? der ihm seine Wohnung zum Senden zur Verfügung stellte und selbst über guten Kontakt zur Gruppe "Albrecht" hatte verfügte. "Tony" wurde in Rotterdam verscheidentlich gepeilt. Daraufhin verlegte er seinen Sendeplatz nach Boskoop.
Etwa Beginn Dezember (
19 december) 1944  wurde VISSER, der auch die Sendebezeichnung "Fliegende Bierbuik" hatte, gepeilt und festgenommen. Er sendete aus der Wohnung des Ehepaares Mr. (Arnoldus) van DAAL aus Amersfoort und Eppie Van DAAL, geboren IDDEKINGE aus Garderen. Diese waren zur Zeit der Festnahme erst einige Wochen verheiratet.
Während der Sendezeiten fungierten die Eheleute Van DAAL als Aufpasser. De Ehemann fuhr auf einem Fahrrad die umliegenden Strassen ab, um auf Peilwagen zu achten, während die Ehefrau verdachte Personen von Fenster aus unter Augenschein nahm. In einem Augenblick, als Mr. Van DAAL während der Sendung im Hause war, um zu fragen, wie lange es noch dauern wurde, hielt plötzlich ein Mannschaftswagen mit "Grüner Polizei" vor dem Hause. Im gleichen Augenblick war auch schon das Haus umstellt. "Tony" versteckte sein Gerät an einem vorher dafür ausgesuchten Platz. Es gab nun zwei möglichkeiten, sich mit Waffen zu verteidigen und versuchen auszubrechen, oder den "harmlosen" Besucher vorzutäuschen. Mit Rücksicht auf die Ehefrau Van DAAL enschied man sich zu Letzterem. Als der Trupp das Haus betrat, erkannten sie rein äusserlich in "Tony" schon den Funker, hatten aber zu der Zeit noch keine Beweise. Plötzlich fand einer die Antenne in einer "Waterput". daraufhin erklärte sich "Tony" bereit, das Gerät anzuweisen, welches in einigen Minuten doch gefunden sein würde. Bei dem Gerät befanden sich Telegramme und Schriftsachen in reichlichem Masse. Auch Mr. Van DAAL trug solche in seinen Taschen bei sich. Am Abend des Festnahmetages wurden mir die Festgenommen:
Parachutist-Funker VISSER, Aufpasser Mr. Van DAAL und dessen Ehefrau Eppie Van DAAL, geboren IDDEKINGE, zum Verhör ins Polizeigefängnis Scheveningen gebracht.

Eines der vorgefundenen Telegramme enthielt Anordnungen von England über bevorstehende Droppingen bei Boskoop. Es war daraus zu ershehen, dass der Droppingsleiter "MANNES" (
Manus Bontekoe) genannt wurde. Bei diesem Handelt es sich, wie sich später heraustellte - um den Fleischermeister BONTEKOE aus Boskoop.
In Einem anderen Telegramm wurde "L-63" genannt, der sich vermutlich in Eindhoven befand. Er bat um die Übersendung eines Hafenspezialisten nach Eindhoven. Man nannte 3 Personen aus Rotterdam, dafür in Frage kamen. Es waren: HafenObe..ring ROO de la FAILLE, Rotterdam, Strass? und zwei weitere Hafen-oder Stadtbeambte aus Rotterdam. Die antwort auf dieses Eindhoven-Telegrammes lautete etwa: " -X- will nur dann die überfahrt nach Eindhoven antreten, wenn die Niederländische Regierung ihn dazu beauftragt. In diese Falle aber auch nur für einige Tage, da in Rotterdam am wichtige Hafenprobleme im Geheimen ausgearbeitet würden, sodass er nicht länger abwesend sein (können) kann".
Diese Telegramm war durch den Peiltrupp unmittelbar an den Stab -B.d.S. in Zwolle - mitgenommenworden, sodass ich erst später davon Kenntnis bekam. Der Stab hatte daraufhin die SiPo-Rotterdam beauftragt, die in dem Telegramm genannten 3 Hafenbeambten sofort festzunehmen und zum Gegenstand zu hören. Ich muss hier etwas berichtigen: Das Telegramm enthielt staat 3 Namen 4 Namen von Rotterdammer Hafen- und Stadtbeambten. Der Ersten - den Wichtigsten - habe ich vergessen. Das war jedenfalls der Mann, der zuerst gefragt wurde, nach Eindhoven zu kommen, der dann antwortete, dass er nur kommen würde wenn es im direkten Auftrage der Niederländischen Regierung sei, da er sonst keine Zeit habe, weil er sich mit "geheimarbeiten" in Rotterdammer Hafen zu befassen habe. Dieser konnte durch die SiPo-Rotterdam nicht festgenommen werden, weil er anscheinend bereits nach Eindhoven unterwegs war. Als die SiPo-Rotterdam mit diesem Problem nicht fertig geworden war und weder den wichtigsten Mann hatte festnehmen können noch durch Vernehmung der anderen Licht in diese "Geheim Arbeiten" zu bringen Leiferten sie diese 3 Festgenommenen von Rotterdam in das Polizei Gefängnis Scheveningen ein. So hatte man es mit dem Stab verabrädet. Der Stab hatte aber versäumt, mich zu beauftragen, diese 3 Gefangenen zu meinen Lasten zu übernehmen und zu hören. Erst als ich das betreffende Telegramm nach ca. 6 Wochen vom Stab erhielt, wo sich auf der Rückseite der Vermerk befand: "Die 3 Gefangen wurden am ? von Rotterdam nach Scheveningen übergeführt. Sacharbeiter is Haubrok".
Ich habe mir dann sofort diese 3 Gefangenen, darunter ROO de la FAILE geholt und sie zum gegenstand verhört. Es stellte sich heraus das sie von dem Telegramm und von der Überfahrt des Hafenbeambten
-X- nach Eindhoven nicht das Geringsten wussten. Jedenfalls konnte ich ihnen dieses nicht nachweisen, dass mann sich dieserhalban sie gewandt hatte. Ich konnte ihnen auch nicht nachweisen, dass sie von illegaler Seite mit "Geheimaufträgen" im Rotterdammer Hafen beschäftig waren. Ich habe sie daraufhin - ohne dazu die Genehmigung einzuholen - kurzerhand entlassen.
Ein weiteres Telegramm enthielt Mitteilungen für die "Gruppe de Jong", "Gruppe BR", usw. Für diese beiden Gruppen hatte VISSER in Verband mit "KIKKERDRIL" auch Berichte nach England übergefunkt.
Dann lag ein ausgebreiteter Telegrammwechsel über den angeblich Russischer Agenten "HERMAN" vor, und zwar hatte auch VISSER angefragt, ob er geswungen sei, für "HERMAN" (
NKVD agent Niko Kruijt) Telegramme in dessen Kode durchzugeben (Zum Thema "HERMAN" siehe auch Bl. 32 unten).
Ein anderes Telegramm enthielt die Mitteilung, dass der Agent mit dem Decknamen "FOPKONIJN" (
Ben Buunk) der sich vorübergehend nach Eindhoven oder England begeben hatte - in der Zeit vom ? bis ? (es war in der Dezember-Mondperiode) mit einem weiteren Funker nach Holland zurückkehren würde. (Buunk werd samen met Hooijer in juli 1944 gedropt en heeft Nederland nooit verlaten) Da "Tony" angab, nicht zu wissen auf welchen Platz er gedropt werden würde - es kamen die Plätze Peursum und Boskoop vermutlich in Frage - war die Angelegenheit zu schwierig, und es standen auch keine geigneten Kräfte unserer seite dazu zur Verfügung, diese beiden angemeldeten Agenten auf den Plätzen abzufangen.
Ob KIKKERDRIL tatsächlieh zurückgekehrt ist, kann ich nicht sagen, denn ich habe nie wieder etwas von ihm wahrgenommen. (
Buunk werd op 10 februari 1945 gearresteerd en op 4 april 1945 bij Hattem geëxecuteerd)
Aus einem vorgefunden Zettel gingen die Namen "Jan" und "Tine" aus Boskoop hervor. Die genauen Personalien sind mir inzwischen entfallen. "Tony" gab dazu vertraulich an, dass es sich dabei um die Vornamen seiner Familie handele wo er in Boskoop wohne. Ich versprach ihm, diese Leute nicht anzutasten. Später hat er dann auch offixiell aus dem Gefängnis an Jan und Tine geschrieben und um Pakete gebeten. Diese wurden prompt bei mir abgegeben und zwar fortlaufend. Ich habe die Leute nie selbst gesehen. Vermutlich wurden die Pakete durch das Dienstmädchen in meine Wohnung Den Haag, Flatgebouw Willemspark, hoek Java und Zeestraat, gebracht.
Im Besitze des mitfestgenommenen Mr. Van DAAL wurden in seinen Papieren unter andere eine Landkarte von Boskoop und Umgebung aufgefunden, die mit Einzeichnungen versehen war. Daraus war zu entnehmen dass Mr. Van DAAL im örtlichen "OD" eine füfrende Rolle spielte. Daraus ging auch - wenn ich nicht irre - das Droppingsterrain von Boskoop hervor. Aus allem war zu entnehmen das die "Aufpasserfunktion" zum Sender "Tony" nicht die Haupt funktion des Mr. Van DAAL war. Er wurde in Amersfoort durch die SiPo gesucht, war dann in Boskoop untergetaucht und hatte auch dort "Illegal" geheiratet. Warum er in Amersfoort gesucht wurde, weiss ich nicht, ich habe mich nie dafür interessiert.
Es hatte mit militärischer Abwehr nichts tun. Mr Van DAAL weigerte sich auch, über den Wert seiner Landkarte mit Einzeichnungen Angaben zu machen. Es gab nicht viel dazu anzugeben weil der Fachmann alles daraus entnehmen konnte, und die Persoenlichkeiten des "OD" in Boskoop interessierten nicht.
Aus weitere Papieren ging hervor, dass der Funker VISSER auch mit den Leiter des "RVV" und "Radiodienst" JAN THIJSSEN - "Lange Jan" aus Den Haag-Hilversum. Kontakt hatte und mit dem von England gekommen Reg. Agenten mit Decknamen "ANDRIES" Richtig: AUSSEM (
Andries Ausems) oder ähnlich aus Zaandam, der mit einem UKW-Gerät im Süden vor Noord Brabant arbeitete under wieder mit den Funkern: "SJEF BOOGERS" dass ist ADRIAANSEN, FOPKONIJN und KIKKERDRIL und auch mit dem später in der IJssel gegend festgenommenen Funker LEUS (Herman Leus) in verbindung stand. Dann hatte VISSER noch verbindung zu einem von England gelandeten Agenten dessen Name mir entfallen ist. Ich kann ihn wie folgt beschreiben: "Der Lange Jan (Jan Thijssen) hatte diesen Mann als Kurier abgelehnt, weil er zu leichtsinnig war. Denn auf seinen Kurierwegen, wo er meist wichtiges Material bei sich hatte schoss er mit seiner Pistole wilde Kaninchen. Er hatte immer weite wege über Land auf Fahrrädern etwa südlich Utrecht bis in die Umgebung von Helmond. Zu dem Punkt Helmond Fällt mir noch ein dass der Briischen Fallschirm Agent WEBSTER in der Nähe von Helmond und Deurne Verbindung zu einer Spionage Gruppe hatte und selbst viel dort war. Einer oder mehrere dieser Gruppe waren etwa um die gleiche Zeit festgenommen worden. Da ich aber kein Sachbearbeiter darüber war, kann ich Einzelheiten dazu nicht geven.
Der genannte "L-63" ist mir immer eine misteriöse Person geblieben. Seine Berichte mit wichtigem militärischen Inhalt tauchten oft bei uns auf. Zuweilen konnte ich vermuten, dass es sich bei L-63 um den vorgenannten Polizei Insp. POUS aus Rotterdam handelte. Wenn ich nicht irre, kam das auf Blatt 77 genannte Funktelegramm aus Eindhoven von L-63. Daher kam ich auf die Vermutung, dass POUS und
"L-63" identisch sein könnten. Dann tauchten vor allem die "L-63" - Berichte beim Sender
"TUIJN - Dr. BROUWER" in Bilthoven auf.
Der Funker VISSER machte in seiner Vernehmung Angaben über Grösse und Tätigkeiten der Spionage Gruppe "Albrecht" ohne aber irgendwelche Namen zu nennen. Er nannte lediglich Vornamen und Personalbeschreibungen. Auf Grund dieser Angaben konnte jedenfalls keiner Festgenommen worden. Er gab weiter an, der erfolgreichste Englandfunker gewesen zu sein, denn er habe in dem halben Jahr seiner Tätigkeit etwa 600 Telegramme durchgegeben.

Etwa um die Jahreswende 1944/1945 besprach ich mit VISSER Möglichkeiten um weitere Lebensmittel zu beschaffen zu können. Es war nicht allein für ihn jedacht, sondern für die Masse meiner Gefangenen die zu der Zeit etwa 12-15 Personen zählte. Dabei machte mir VISSER den Vorschlag zu dem Bauern KLOEK in Peursum (seiner alten Kontaktadresse) zu fahren, um von dort Lebensmittel zu holen. Es war jetzt die Frage wie? Er erzählte dann dass dort noch ein UKW-Gerät des mit ihm gelandeten Parachutist Agenten Van der WAAL stehen musste. Er wusste zu der Zeit aber bereits dass dat Gerät - falls dieses jetzt noch dort sein sollte - vollkommen unbrauchbar war. Dieses hinderte nichts. Für mich war es ein Gerät. Ich konnte nach oben hin melden, dass VISSER "in Zusammenarbeit mit mir" ein UKW-Gerät geholt hatte. So hoffte ich auch künftig für ihn ein einflussreicheres Wort einlegen zu können, was sich später auch bewahreitete. Wir beschlossen als "Knock-Ploeg" des LKP bei dem Bauern anzulaufen. Dieser sollte dann dafür sorgen, dass "unser Knock-Ploeg" in Den Haag ausreichend zu essen habe. VISSER versprach mir vorher, nicht zu flüchten und uns auch selbst nicht durch Hinterlist in Gefahr zu bringen. An einem ausgesucht schönen Tage starteten wir mit dem Wagen, einem fast neuen "Opel-Kapitän". Damit fuhren wir bis auf den Hof des Bauern. In meiner Begleitunf befand sich noch der Niederländer SJEF van WESEMALEN (
J.H. (Jef) van Wesemael) aus Amsterdam der den Decknamen "KARL JANSMA" führte. Dieser war vorübergehend als Polizeiangestellter (?) bei der SiPo-Den Haag, Referat Sonder Kommando FRANK. VISSER ging erst allein in das Bauernhaus um zu sehen, ob die "Luft" rein war. Er kam sofort zurück und holte uns nach. Er hatte den beiden Bauernsöhnen von "unserem Knock-Ploeg" in Den Haag erzählt. Er stellte mich den beiden als Ostereicher, der bei der Deutschen Wehrmacht und gleichzeitig bei "seinen" Ploeg sei vor. Die Sache lief gut. Man ahnte nicht das Geringste. Wir hatten unsere deutschen und Amerikanische Machinenpistolen im Wagen liegen, sodass die Söhnen diese sehen konnten. Den Wagen hatten wir gestolen. Wir verhandelten mit den Bauernsöhnen um Lebensmittel. KLOEK selbst bedauerte es sehr für uns zur Zeit nicht viel zu haben, doch besorgte er innerhalb von ca. 2 Stunden solche bei den Nachbarbauern. In der Zeit wollte er auch das Sendegerät hervorgeholt haben, welches zu meinem Leidwesen inzwischen unbrauchbar geworden war.
Opel Kapitein.
S-Phone (UKW-Gerät).
Bei dem Bauern befand sich in dem Augenblick der Bruder des jetztigen Major Leen POT - vom "BI" - auf besuch und wollte auch Lebensmittel holen. Die Kontakt adresse kam ja von Major POT. Der Bauer packte uns dan für ca 1500 Gulden Wurst, Speck, Schinken und Käse ein. Mit so viel hatte ich aber nicht gerechnet, denn ich hatte nur etwa 800 Gulden bei mir. Es waren "Agentengelder". Wir mussten ca 700 Gulden "anschreiben" lassen. Wir verabredeten in etwa 14 Tagen nochmals zurück zukommen, im dann weiteres zu holen. Der Bauer versprach dass er dann noch weit mehr für uns "organisieren" wurde. Das Geld spielte keine Rolle, denn es war in Wirklichkeit das Geld was den Agenten bei der Festnahme abgenommen wurde, worüber nur geringe Kontrolle war. Ich liess es - so gut es ging - auf diese Art den Agenten wieder zukommen. Selbst auch den Mitarbeitern, deren Geld bei der Festnahme nicht angetastet wurde. VISSER machte die Bauernsohne noch darauf aufmerksam, dass er vorkommen könne dass ich ihn künftig allein aufsuchen würde, wenn ich mich gerade zufällig met dem Wagen in der Umgebung befinden würde. Der Bauer fand das ausgezeichnet. Er vertraute mir voll. 
Wir konnten unser Versprechen aber nicht einhalten und sind nicht wieder bei dem Bauern gewesen. So ist auch bis heute noch nicht unserer Schuld von ca 700 Gulden beglichen worden.

Bei unserer Rückkehr nach Den Haag waren wir in der Lage, die dort einsitzen den Agenten und deren Mitarbeiter - überhaupt meine ganzen Gefangen - mit den Lebensmitteln überraschen. Die Agenten wussten teilweise, dass "Tony" es zusammen mit mir von einem ihm bekannten Bauern geholt hatten, doch haben wir von dem Sendegerät nichts erwähnt. "Tony" hätte bei unserem Unternehmen bei dem Bauern leicht fliehen können und was noch weit schlimmer gewesen wäre, er hätte uns "überrumpeln können.
Von dem Augenblick an, wo wir wieder in Den Haag waren, genoss er im Gefängnis grösere Freizügigkeit. Er konnte auch "ausserhalb" des Gefängnisses arbeiten. Zusammen mit den beiden Agenten Nol van DUIN und Jos van ALEBEEK war er draussen mit "Holzsägen" beschäftigt. Alle 3 hatten mir vorher ihr Ehrenwort gegeben nicht zu fliehen. Sie vertrauten mir und ich ihnen und sie wussten auch, dass ich - soweit ich es eben konnte - für ihre künftigen Sicherheit sorgen würde. Was dann auch geschah.

Im Vorgang "Tony" VISSER u.a. gab es folgendeGefangenen:
VISSER - Funker -
van DAAL Mr, Ehemann - Aufpasser und OD -
van DAAL, Ehefrau - Aufpasserin -
Roo de la Faille - Verdacht der Mitarbeit -
- X - Hafen oder Stadtbeambter
- X - Hafen oder Stadtbeambter

Wie bereits erwähnt konnte ich die 3 Letztgenennten mangels Beweis nach einige Wochen entlassen.

Die Ehefrau Van DAAL entliess ich auch nach einigen Wochen. Es war mir dieses leichter möglich, da ich ihre Festnahme nach oben hin nicht gemeldet hatte. Also vermisste man sie nicht. Ich gab den Eheleute Van DAAL im Gefängnis so alle 2 Tage die Gelegenheit, in meinem Dienstzimmer für einige Stunde zusammen zu sitzen.
Als man eines Tages von Höherer Stelle darauf drängte Mr. van DAAL standrechtlich abzuurteilen, konnte ich dieses verhindern. Mr. van DAAL kannte diese für ihn gefährlichen Tage und wusste auch, dass ich mich für ihn eingesetzt hatte. Ich hatte ihm dann gesagt, "dass ich auch weiterhin für ihn sorgen würde, doch könne ich ihm nichts versprechen". Als er dann beim nächsten Male seine Frau wieder sprach, sagte er zu ihr: "Beppie, Herr Haubrok hat mir versprochen für mich auf weiterhin zu sorgen, soweit er dieses eben kann! Das bedeutet für uns "Leben"!"
Diese Redewendungen der Jungverheirateten, die nach allem, was ich vor ihnen sah, ein vorbildliches Eheleben führen mussten, gaben mir innerlich die grössten Verpflichtungen ihnen gegenüber.
Dann kam einige Tage später der "Fall Rauter". Auch Van DAAL zählte zu den ausgesuchten Geiseln, wie überhaupt meine ganzen Häftlinge, denn ich hatte ja nur "Schwere Fälle". Nochmals für Mr. van DAAL beim Stabe vorstellig zu werden, hätte man dort evtl. als "Lächerlich" oder verdächtig" aufgefasst. Ich benutzte dann den zweiten Weg. Ich schob ihn im letzten Augenblick - als der Transport der "leichten Fälle", zwecke Räumung des Gefängnisses, bereits im Gefängnishofe angetreten war - mit in den Transport hinein. Als Begleitpapiere gab ich ihm einen Bericht mit, der günstiger nicht lauten konnte. Mit hilfe dieses Berichtes war es ihm auch möglich - wie ich später feststellte - Amersfoort - wo verschiedene meiner Häftlinge und eine grosse Anzahl anderer noch als Geisel für "Rauter" herausgeholt wurden, zu überstehen. So weit ich fest gestellt habe, ist Mr. van DAAL mit diesem Transport - dessen Ziel nicht genau bekannt war, weil sich die Militärische Front täglich anderte - über Groningen (evtl. dem Lager Westerbork) nach Nordwest-Deutschland gelangt. Über den weiteren Verbleib des Mr. van DAAL kann ich Positives nicht sagen. Ich hörte allein von einem Angehörigen der Recherche aus Boskoop, der mich in Scheveningen verhörte, dass Mr. van DAAL bis dahin nicht zurückgekehrt ist. Ich hoffe jedoch, dass dieser nicht stimmt bezw. Van DAAL nachträglich doch noch zurückgekehrt ist. Sollte Van DAAL wirklich nicht zurück gekommen sein und die Bombardierung der Schiffe -(wie bereits aud bl. 48 oben näher beschrieben) - auf Wahrheit beruhen, dann musste er bei dieser Bombardierung mit umgekommen sein. Die Ehefrau Eppie van DAAL, geboren IDDEKINGE. -elterliche Wohnung in Garderen - wird darüber nähere Auskunft geben können. Sie kennt auch die ganze Vorgeschichte aus dem Polizeigefängnis Scheveningen. (
Arnoldus van Daal is op 22 mei 1945 in Neustadt Holstein om het leven gekomen)
Frau Van DAAL wird auch zur Angelegenheit "DINI GAAZENBEEK" - mit der sie bis deren Fortgang in einer Zellezugebracht hat - Auskunft geben können. Ihr habe ich auch die restlichen Wertsachen des Fr. GAAZENBEEK mitgegeben (Ring und Brosche usw.) die diese vergessen hatte. Frau Van DAAL versprach mir, diese Wertsachen der Familie GAAZENBEEK in Ede zu überbringen und um gleichzeitig den genauen Sachverhalt über den Verbleib "Dini's" dort mitzuteilen (So habe ich es heute noch in Erinnerung. Es kann auch sein, dass ich mich in einigen Punkten hierzu irre).

Etwa im Februar-März 1945 lief bei meinem Vorgesetzten, dem Overstuf und Kriminal Kommissar FRANK eine V-Mann Meldung über den Fleischermeister "Manes" BONTEKOE aus Boskoop ein. Die Meldung besagte, dass dieser der örtliche Leiter des LKP sei und über ein Waffenlager verfüge. Von welchem V-Mann dieser Bericht gekommen war, weiss ich nicht mehr. Ich dachte zuerst, dass sie von HAAKMAN - Den Haag - gekommen war. Dann als ich FRANK fragte, ob diese Meldung als "echt" anzusehen sei, sagte er mir:
"Die Meldung kommt als ganz sicherer Quelle" und deutete dabei aud HAAKMAN hin. Ich kann mich aber auch irren. Es kann auch sein, dass ich mich in der Andeutung geirrt habe oder FRANK hat nur die Andeutung gemacht um mich in meinem Zweifel anders zu überzeugen. Ee gab mir nähmlich gleichzeitig den Auftrag BONTEKOE festzunehmen und den Waffenlager sicherzustellen. Bekannt war mir zu der Zeit durch VISSER hinsichtlich des Telegrammes, dass "Manes" BONTEKOE "Droppingsleiter" in Boskoop war, nicht aber dass er über ein grösseres Waffenlager verfügte. Dafür, dass VISSER mir anvertraut hatte, dass "Manes" der Fleischermeister BONTEKOE sei, hatte ich ihm versprochen, ihn von mir aus nicht festzunehmen. Jetzt kam diese Meldung von anderer Seite. Die Angaben VISSER hatte ich dies bezüglich nicht schriftlich festgelegt. Ich besprach die Angegelegenheit mit VISSER und wies ihn auf die gleiche Meldung hin. Um mein Wort VISSER gegenüber zu halten, versprach ich ihm auch jetzt noch vor einer Festnahme des "Manes" abzusehen, obgleich diese Meldung von anderer Seite ge kommen war. Als FRANK aud die Festnahme drängte - ich sollte mir Verstärkung dafür von der Deutschen Ordnungspolizei holen, die er bereits aud Abrufbeantragt hatte - sagte ich ihm, dass es sinnlos sei, bei BONTEKOE einzufallen, weil dieser die Waffen sicherlich nicht im Hause habe. Ich würde gute Beziehungen zu Boskoop haben und wollte versuchen, über diese erst informieren, wo die Waffen genau untergebracht seien. Damit erklärte sich FRANK einverstanden. Dieses zögerte ich dann wochenlang bis zur Kapitulation hinaus, wo dann nichts meht geschah. Hätte ich im Auftrage FRANKs den Einfall bei BONTEKOE vorgenommen, dann würde jeder gesagt haben: "Das kann nur "Tony" VISSER verraten haben". Das wollte ich verhindern, weil "Tony" dieses nicht verdient hatte.
Aud grund der Angaben VISSER's ist keine Person festgenommen worden, obwohl er einige anhand des vorgefundenen Materials nennen musste.

Mit "Tony" VISSER hatte ich, genau wie mit den Agenten "Nol" van DUIN und "Jos" van ALEBEEK, verabredet, ihn als "V-Mann getarnt" zur Entlassung zu bringen. Mit ihm hatte ich eigentlich das ganze "V-Mann Manöver" zuerst besprochen. Ich war dazu in der Lage, weil ich nachwesen konnte, dass VISSER mit mir bereits "unterwegs" gewesen war und das UKW-Gerät aus Peursum geholt hatte. Er hatte also dadurch grosses Vertrauen. Auf Grund dieses konnte ich es wagen, ihn als "V-Mann" bei SCHREIEDER vorzuschlagen. Wie ich bereits unter den Kapiteln Van DUIN und Van ALEBEEK erwähnte, fand sich der Chef nach langem Hin und Her mit der Entlassung einverstanden, erklärte aber, dass ich die ganze Verantwortung für die "Echtheit" dieser Leute auf mich nehmen müsste. Was ich auch gern tat, denn zum Schluss konnte ich ja nicht verantwortlich sein, sondern höchstens der Chef selbst.
Ich meldete dem Chef, dass VISSER bereit sei, vor allem die Spionage Gruppe "Albrecht" zu klären, woran er höchst interessiert war. In Wirklichkeit war dieses eine erfundene Ausrede. Es drehte sich ja darum, eine Ausrede für die Entlassung zu finden. Ich fühlte doch, dass der Krieg nur noch einige Wochen dauern würde und hatte ein Interesse daran, meine Gefangenen so gut wie ich es konnte in Sicherheit zu bringen. So überlebte auch VISSER die Zeit der "Rauter-Geiseln".
Ich fragte VISSER, ob er bereit sei meinem Niederländischen Mitarbeiter aus letzter Zeit, den auf Bl. 81 genannten Sjef van WESEMALEN - Dechnamen "Karl Jansma" - in Sicherheit zu bringen. Dieses bejahte er. Er wollte nach Eindhoven gehen und "Sjef" bis dorthin mitzunehmen. Von dortaus wollte sich "Sjef" in den Niederländischen Wehrdienst für Niederl. Indien melden. So wollte ich auch diesen meinen Niederländischen Kamaraden, der überall als Mitarbeiter der SiPo bekannt und im Signalementenblatt der NBS ausgeschriebenen war retten. Wenn ich oben gesagt habe dass Van WESEMALEN mein eheemaliger Mirarbeiter war, so stimmt dieses nicht genau, denn er hat erst in letzten Zeit für mich untergeordnete Arbeit verrichtet, die aber mit V-Mann tätigkeit nichts zu tun haben. Wir lehrnten uns daher kennen, weil wir im Flatgebouw Willemspark in Den Haag gemeinsam eine Wohnung bewohnten. Hat mir einmal in Den Haag bei einer Festnahme geholfen, die für uns schief auslief. Dabei wurde er schwer verwundet. Aus dem Grunde, weil er sich in einer für mich sehr gefährlichen Situation so tapfer gezeigt hatte, fühlte ich mich auch verplichtet, für ihn zum Schluss etwas zu tun. Obwohl wir nie Freunde geworden sind.

"Tony" VISSER und "Sjef" van WESEMALEN verliessen etwa um 20.4.45 Den Haag um nach Eindhoven zu gelangen. Über den Weg, den sie genau nehmen wollten, kann ich keine weiteren Angaben machen. Es blieb alles ihrer Intelligens überlassen. Da ich wusste dass VISSER in Eindhoven bei seinem Chef Major Dr. SOMER "Chef BI" Eindhoven vorsprechen würde, beauftragte ich ihn, diesem zu bestellen, dass ich auf jeder Fall zu einer Verfügung in Niederland bleiben würde, und nicht, wie im Kommando FRANK bereits geplant, nach Deutschland hin "untertauchen" würde. Er sollte Major Dr. SOMER bestellen, dass er mich hier in Niederland über den Niederländer Dr. E.E. Menten in Warmond zu jeder Zeit finden könne. Es war immer mein Wille hier zu bleiben, um über meine Tätigkeit in der Niederlanden Rechenschaft abzulegen. Darüber werde ich noch zum Schluss dieser Niederschrift zu sprechen kommen.

Während meiner Vernehmungen im Laufe des letzten Jahres hörte ich dass der Parachutist VISSER gut in Eindhoven angekommen sei. Doch vernahm ich dass sein Begleiter Van WESEMALEN beim überschreiten der Frontlinie aud eine Miene gelaufen ist und getötet wurde.

Zur Person des Parachutist-Funkers "Tony" VISSER kann ich noch anschliessend sagen, dass er sich während seiner Festnahme, zur eigenen Sicherheit, "sehr diplomatisch benommen" hat, ohne zum Verräter zu werden. Er hat das an sich, was ein Agent haben musse: 1) wohlüberlegte Dreistigkeit in der Arbeit und 2) diplomatisches Verhalten nach der Festnahme.
Mann kann ihm nicht aberkennen, dass er einer der erfolgreichsten Para-Funker war, der oftmals gepeilt, doch aber seine Arbeit in geeigneter Weise fortsetzte und noch steigerte, sodass man sagen kann dass er mit einer gewissen "Frechheit" arbeitete.
Zum zweiten punkt muss mann sagen, dass er ein seltenes Anpassungsvermögen zum Gegner hat, sodass er sich schnell einfindet und Vertrauen gewinnt, ohne Verrat zu üben. Denn es ist bei solchen Agenten nicht die gröste Kunst zu arbeiten und zu funken, sondern weit grösser ist die Kunst sich diplomatisch aus der Situation herauszufinden, wenn man als Funker festgenommen wird.

Wijnandus Antonius Maria Visser werd geboren op 23 juli 1916 te Den Haag. Hij is op 28 maart 2005 te Riethoven overleden. Werd gedropt in de nacht van 6 op 7 mei 1944 in de buurt van Gorinchem. Hij was eerste marconist van de Groep "Albrecht". Werd op 20 of 21 december 1944 te Boskoop gearresteerd.
Vrijgelaten rond 20 april 1945. Radioplan heette St. Vincent alias MENECRATES en zijn codenaam was "Vliegende Bierbuik". Naam in het veld was P. van der Zwan.

Kan het zijn dat Tony Visser na de oorlog de familie van Otto Haubrok in Duitsland heeft bezocht?




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