HEINRICH KURT OTTO HAUBROK
VORGANG: Frau MEIJLINK - Spi-Gruppe "SOBENLADER" Voorburg -
Die Niederländerin Frau MEIJLINK (Eeltje A.C. Meylink) Angestellte eines Büros vom Waterstaat Den Haag, Voorburg, Laan van Noord-Oost Indië 278 arbeitete nachrichtenmässig bereits seit Jahren. Sie war sehr gut bekannt mit Leen POT - Kees DUTILH - Parachutisten Van VLIET (Henk de Jonge) - De KOE - BOEREMA und hatte "tausende Kontakte", wie man so sagte. Sie arbeitete sehr geschickt und in grossen Umpfange. Beim Verhör hatte BOEREMA angegeben, dass er den in der Zigarette versteckten Brief für Leen POT von Frau MEIJLINK habe, daraus ging ihre ganze Arbeit hervor. Er sagte mir auch dass er von Frau MEIJLINK den Auftrag habe , vermittels POT in London einen Funker für "SOBENLADER" nach Niederland zu bekommen. Dieser Funker sollte durch POT bei seiner Ankunft in London sofort bestellt worden, doch war er bis zu dem Zeitpunkt noch nicht erschienen, Er sollte sich am Hause der Frau MEIJLINK in Voorburg melden. Ich wusste auch das "Schlagwort". BOEREMA sollten un bei Leen POT Druck dahinter setzen, da man den Funker hier in Den Haag, dringend benötigte. In diesem Zigaretten-Bericht wurden verschiedene Namen von Mitarbeiter des Nachrichtensektors erwähnt, so auch unter anderen der der Frau des Ingenieur Wim LINDENBURG, Voorburg, de Burghstraat 18, die wieder mit Dr. OOSTERHUIS oder De Koning aus Delfzijl - Seeweg und Funkverbindung - verwandt war und im Kontakt stand. Frau LINDENBURG wurde erstmalig im Vorgang gegen Van SCHENDEL und anderen bekannt, als sich herausstellte, dass der Kurier BOLHUIS aus Groningen eines Tages bei der Frau LINDENBURG in Voorburg erschien, um sie zu warnen, dass "ZWAANTJE", d.i. Dr. OOSTERHUIS, festgenommen sei.

Eines Tages - im Winter 1943/44 - erschien ich bei Frau MEIJLINK in der Wohung, um sie fest zunehmen. Ausnahmeweise war sie anwesend, während sie meist in Sicherheit ausserhalb der Wohung arbeitete und selten zu Hause war. Bei der Durchsuchung der Wohnung stellte sich heraus, dass dort noch ein Unbekannter -X- junger Mann aufhielt, von dem Frau MEIJLINK sagte, dass er in den Arbeitseinsatz nach Deutschland sollte und bei sich in Arbeit, auf einem Tisch ausgebreitet, miltärische Zeichnungen mit Berichten. Verdachtschöpfend war die Tatsache, dass der junge Mann von Beruf Zeichner war. Frau MEIJLINK und der "Unbekannte" hielten aber voll, dass dieser nichts mit den Zeichnungen zu tun hatte. Auf Grund des Drückes des Beweismaterials musste Frau MEIJLINK aber später eingestehen, dass der Unbekannte zu ihrem Mitarbeiterkreis gehörte, nachdem ich ihr versichert hatte, dass ich weiter von ihm nichts wolle, doch dass ich mich nicht belügen lasse. Im Klavier im Wohnzimmer fand ich dann noch versteckt die Stammkarten von Leen POT, und in einem Schrank, unter Wäsche versteckt, einige aufschlussreiche Briefe.
Weiter fand ich in der Wohnung die Apotheker-Angestellte Mary SCHRAVENDIJK, die mit der Frau MEIJLINK zusammen die Wohung bewohnte, Sie konnte alles, was im Hause vor sich ging, und machte Kurierdienste. Festgenommen wurden in der Wohnung insgesamt: Frau MEIJLINK, Unbekannter -X- und Mary SCHRAVENDIJK.

Aus dem Wohnung vorgefundenen Belastungsmaterial ging hervor, dass ein junger Mann, namens "PAUL" - richtig vermutlich KOCH (
mr. Paul H.D. Schlecht?) - in dergleichen Gruppe führend tätig war und dass dieser "PAUL" im Hause eines Zahnarztes -X- in Voorburg wohnte und engen Kontakt mit der bereits genannten Frau LINDENBURG unterhielt. Ich begab mich daraufhin - weil ich die Wohnung des Zahnarztes -X- nicht genau wusste - zur Frau LINDENBURG und durchsuchte oberflächlich ihre Wohnung. Fand jedoch nichts. Ich erklärte der Frau LINDENBURG - deren Mann sich in Stockholm (ontsnapt via de Zweedse Weg met o.a. Leen Pot) befand, dort hatte er beim Niederländische Konsul eine Stellung auf dem Nachrichtensektor - und erklärte ihr dass ich Beweise in Händen habe, dass sie sich spionagemässig betätige. Ich erklärte weiter, dass ich beauftragt sei, sie festzunehmen, aber davon Abstand nehmen würde, weil sie mehere kleine Kinder habe. Ich machte ihr auch klar, dass ich um die Tätigkeit ihres Mannes dem Ing. Wim LINDENBURG, Stockholm genaüstens informiert sei und gab ihr mündlich einige Details aus Funksprüchen aus England, in denen vor der Tätigkeit der "Ingenieursfrau aus Voorburg" die Rede war. Weiter wies ich auf ihre Verbindungenen zum Sender des Dr. OOSTERHUIS in Delfzijl und auf die zerschlagene Seeverbindung hin und auf die Warnung durch den Kurier BOLHUIS aus dem Komplex "Van SCHENDEL und anderen". Während meiner Unterhaltung mit Frau LINDENBURG liefen verschiedene verdächtige Leute am Hause an, um das "Bewusste" zu bringen bzw zu holen. Darunter auch ein älterer Arzt von Nebenan. Den habe ich - um ihn einzuschüchtern - gesagt, dass es unzweckmässig sei, gerade jetzt mit diesen "illegalen" Sachen zu kommen wo sich die SiPo im Hause befände, er solle später wiederkommen oder ich würde evtl. zu ihm kommen. Festgenommen habe ich ihn nicht, weil ich der Ansicht war dass er mit dieser Belehrung seine Tätigkeit wohl abstellen würde. Ich habe mich nicht mehr darum bemüht.
Ich fragte Frau LINDENBURG jetzt nach der Adresse des Zahnarztes -X- wo ich den ihr sehr gut bekannten "PAUL" zu finden hoffte. Frau LINDENBURG nannte mir aber eine falsche Hausnummer  und schickte unmittelbar nach meinem Verlassen ihres Hauses eine Kurierin zum Zahnarzt. Diese konnte wohl nicht mehr viel ausrichten, weil "PAUL" nicht anwesend war, doch ist es bemerkenswert, dass sie den Mut hatte, solches trotz ihrer Belastungen zu unternehmen. Da ich annahm, dass PAUL und der Zahnarzt -X- bereits lange gewarnt waren, denn die Leute im Hause wussten bestimmt, wo sich beide aufhielten, sah ich von einer weiteren Verfolgung zuerst ab. Ich stellte Frau LINDENBURG auch wegen dieser Warnung nicht mehr zur Rede, weil ich dass als ihr gutes Recht ansah. Da ich dem Zahnarzt - einem Neffen oder Onkel des "PAUL" - eine Mittäterschaft nicht nachweisen konnte, bemühte ich mich auch nicht mehr um diesen. Lediglich verwarnte ich die Familie und nehme an, dass diese Verwarnung den Erfolg hatte, dass der Umkreis mit Spionagearbeiten aufhörte, damit war für mich schon viel erreicht. Wenn ich hätte nur Schuldige suchen wollen um diese vor Gericht zu bringen, dann würde das Gefängnis Scheveningen kaum ausgereicht haben. Denn "Beihilfe zur Feindbegünstigung" zu beweisen, war hoch strafbar. Mir drehte es sich darum, nicht verurteilen, sondern die Nachrichtenverbindungen zerschlagen. Dazu waren nicht immer Festnahmen und Verurteilungenerangebrachter under folgreicher.
Als ich am folgenden Tage das Verhör der Frau MEIJLINK fortsetzte, gab sie auch an, dass sie zusammen mit "PAUL" Den Haag, Javastraat 66 ein leeres Dachzimmer gemietet habe, welches sie als Arbeits und Schlafzimmer ihrer Spionagetätigkeiten benutzten. Bei meiner Erscheine dort stellte ich fest, dass das Zimmer seit Tagen verlassen war. Es hatte u.a. auch eine Fotowerkstattenthalten. Aber alle Geräte waren fort. In der Dachräumen wohnten meist Künstler. Und ich stellte fest, dass "PAUL" dem betr. Zimmer von dem dort auch einwohnenden Sohn -X- aus dem "Kleijkamp-Hause" Den Haag (bombardiert) gemietet hatte, konnte aber nicht beweisen, dass diese Künstler mit der Tätigkeit "PAUL's" in Verbindung zu bringen waren. Ich habe sie lediglich im Hause kurz verhört.
Frau MEIJLINK hatte mir der Preisgabe ihrer "Arbeitscentrale" in der Javastraat bewuust solange gewartet, bis sie fest davon überzeugt war, dass "PAUL" sich und die Unterlagen in Sicherheit gebracht hatte. Wenn ich gesagt habe, dass uns die zweite Fotomöglichkeit des De KOE ein Geheimnisblieb, so stimmt dieses nicht, als wir nun feststellten, dass De KOE auch Fotos bei Frau MEIJLINK anfertigen liess. Da er aber mit dieser in Streitigkeitenlebte - wegen Unstimmigkeiten innerhalb der illegalen Arbeit - liess er die Fotos nicht mehr durch Frau MEIJLINK machen, sondern über TONNET bei dem Parachutisten Hans van der STOK.
Bei der Festnahme der Frau MEIJLINK wurden bei ihr zwei versandtfertige Briefe vorgefunden, die sehr verdächtigen Inhalt hatten. Aus dem einen an ihre Mutter in Ede oder Epe ging hervor, dass sie in den nächsten Tagen wieder in Groningen zu tun habe, und sie dann zu Hause vorbeikommen würde. Aus dem anderen, der an einen Lehrer -X- Prov. Groningen adressiert war, war zu entnehmen, dass dieser sich nachrichtenmässig bediente. Ich weiss, dass der Lehrer -X- später festgenommen ist, aber in einem ganz anderen Komplex, der in Groningen spielte. Ich habe ihn nie gesehen und auch zum Komplex "Frau MEIJLINK nie verhört.Ich weiss daher nicht, was aus dem Lehrer -X- geworden ist.

Mary SCHRAVENDIJK, der ich ausser einigen kleineren Kurierdiensten nichts Besonderes nachweisen konnte, habe ich nach einigen Wochen haft in Lager Haaren, wo auch Frau MEIJLINK einsass, auf Drängen der Frau MEIJLINK hin zur Entlassung gebracht, ohne dazu befugt zu sein. Weil mir das Mädchen leid tat - ihre Eltern sassen in Niederl. Indien und sie stand allein in Holland - habe ich ihre Angelegenheit so vorgetragen, als habe sie um nichts gewusst und auch nichts getan.
Auf Wunsch der Frau MEIJLINK, die immer wieder betonte, sie allein sei die Verantwortliche, ich solle versuchen, für die Festgenommenen alles zu tun, habe ich auch den Unbekannten -X- (Mitarbeiter von Frau MEIJLINK) aus dem Vorgang herausgelassen, in dem er vor dem Kriegsgericht evtl. zum Tode verurteilt worden wäre, weil seine Mitarbeitet und Mitwisserschaft erwiesen war. Ich stellte die Sache so hin, als habe er weder eine Tätigkeit noch eine Mitwisserschaft gehabt. er war ein Bekannter des "PAUL" der flüchtig war. Entlassen konnte ich ihn nicht, dazu war er mir zu gefährlich, vor allen schon deswegen nicht, weil "PAUL" flüchtig war. Ich brachte ihn daher Uber das Lager Vught zum Arbeitseinsatz nach Deutschland. Ich weiss von ihm, dass er heute wieder zu Hause ist.

So gab es in dem ganzem Komplex gegen Frau MEIJLINK nur eine Festnahme, die ich zur Arurteilung an das Kriegsgericht -Rechtsberater beim W.B.N. - angeben musste. Für Frau MEIJLINK selbst, die in selbstaufopfender Weise alles Schuld auf sich genommen hatte, war ich in der Lage, einen gutklingenden Bericht an dem Wehrmachtbefehlshaber mitzugeben. Ich kann heute nicht sagen, ob Frau MEIJLINK jemals verurteilt wirde oder nicht. Jedenfalls hatte ich sie dem Deutschen Justizinsp. -X- beim Wehrmachtbefehlshaber NL persönlich empfohlen mit dem Bemerken, dass er bei der Frau möglichst auch seinen Einfluss geltend machen sollte, was er vielleicht auch getan haben wird? Ich weiss heute nur soviel, dass Frau MEIJLINK wieder wohlbehalten zu Hause ist, zusammen mir ihrer Freundin Mary SCHRAVENDIJK und dem Unbekannten -X-
Es hat wohl kaum in Niederland eine zweite Frau gegeben, die solch unermüdliche Nachrichtenarbeit geleistet hat, wie sie Frau MEIJLINK vollbrachte.


NB

Bezüglich des Ingenieurs Wim LINDENBURG, Voorburg, Den Burghstraat 18, (1942/43 beim Niederl. Konsulat Stockholm) kann ich noch sagen, dass dieser etwa 1943 durch den V-M der SiPo Van der WAALS "De WILDE" in Stockholm aufgesucht worden ist und sich durch den V-M irritieren liess, der sich als Britische Fallschirmagent ausgegeben hatte. Auf Grund dessen wurde LINDENBURG seines Postens in Stockholm enthoben. Einzelheiten darüber sind mir nicht bekannt.
w.mugge@home.nl