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... solche Flugschrift oberflaechlich durchgelesen. Sie enthielt hauptsaeche "Angriffe" auf den "OD" und den "LKP"! Fuer mich waren alle diese Sachen vollkommen uninteressant, weil ich allein "Abwehrmann fuer Spionage" war und von politik keinen Verstand hatte. Ich kann auch nicht sagen, wielange diese Flugschrift erschienen ist. Aber ich denke doch, wenigstens einige Monate. Dieses war in den ersten Monaten des Jahres 1945. Ich weiss auch dass dass diese Flugschrift eine "Schockwirkung" innerhalb der "Illegalitaet" hervorgerufen hat, denn darueber wurde ueberall gesprochen.
Abwehrmaessig ist Thijssen auch durch Schreieder persoenlich verhoert worden. Ich erhielt eienen Teil einer Vernehmung nach Den Haag mit Festnahmeauftraegen. Er hatte hauptsaechlich ueber das Vorhanden sein verschiedener Sender Angaben gemacht, jedoch hat er die durch ihn persoenlichen, meist "Inlandssender" aufgezogen Sender verschwiegen. Da viele arbeitenden Sender irgendwie mit dem "RD" oder "RVV" gekoppelt waren, war Thijssen in dieser Hinsicht mit seinen Angabem sehr vorsichtig. Genaue Angaben machte er ueber einen britischen Para-Offizier der in einem Huehnerstall des Bauern Lagerway in Glindhorst suedw. Apeldoorn einen Sendebetrieb unterhielt. Der betr. Offizier wurde Kpt. King genannt. Dieser war zusammen mit 3-4 Sergeanten, Sie trugen meist Uniform, waehrend der Kapitaen selbst viel in Civil ging. Verpflegt wurden diese britischen Soldaten durch den Bauern Lagerway von dem "Jan" angab, dass dieser auch als "Schwarzhaendler" bekannt sei. Nach weiteren Angaben, hatte sich "Kpt.King" mit seinen Unteroffizieren in dem "Kippenhuis" gut zur Verteidigung eingerichtet, er sollte ueber mehere Machinepistolen, Handgranaten usw. vertfuegen. In den Waenden des "Kippenhoeks" seien Schiessscharten eingebaut uns sobald sich ein fremder dieser Sendestelle naehere wuerden alle Waffen besetzt. Schwer zugaenliches Gelaende man koenneunbemerkt nicht den Stall erreichen. Das Dienstmaedchen des Bauern brachte taeglich das Essen und es kaeme nur selten vor dass sich die Soldaten ins Bauernhaus wagten, Thijssen selbst wollte mehrfach im "Kippenhoek" gewesen sein und mit King gesprochen haben. Er lieferte diesem auch militaerische Berichte. Thijssen erwaehnte noch dass "King" ruecksichslos von seinen Feuerwaffen Gebrauch machen wuerde im Falle eines Eingreifens. Zur besseren Uebersicht hatte Thijssen eine Skizze von dem Gelaende angefertigt, vor allem von dem Bauernhof und der Funkstelle. Nach dieser Skizz konnte man bis auf die letzten loom gedecht an den Stall kommen, aber diese letzten loom musste man ueber eine freie Weide. Es kam bisher praktisch kaum ein Fremder in diese Gelaende, welches alles zum besitz des Bauern gehoerte.


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... ich an einem Tage etwa im Januar 1945 von Schreieder den Auftrag bekam "King" mit seinen 3-4 Sergeanten festzunehmen war ich mit vorseitigen Unterlagen ueber die Lage ausgeruestet. Dazu bekam ich den Auftrag falle die Angaben des "Jan" stimmen wuerden den Bauernhof und auch das Kippenhaus abzubrennen, nachdem auch der Bauer festgenommen sei. Zu meiner Unterstuetzung sollte ich mir Soldaten ausbitten die in der Schule in Glindhorst lagen.
Als ich mich mit einige Soldaten dem Gelaende genaehert hatte und die Kippenstall betrat, stellte ich fest, dass er durch eine Frau mit einigen kleinen Kindern bewohnt war. Es war Montags. Die Frau sagte erst dass sie bereits seit Monaten in dem Stalle wohne. Sonst war der Stall so wie ihn Thijssen beschrieben hatte, alle Merkmale waren noch zu erkennen. Der Bauer Lagerway war"Bereits seit einigen Tagen in Amsterdam irgendwo auf Besuch eines Bekannten". Das Dienstmaedchen hatte ihre Stellung "bereits vor einigen Wochen" aufgegeben. Wo es sich befand konnte man nicht sagen. Im Bauernhof krimmelte es von "Neuh inzugezogenen Evakuierten". Erst nach Verhoer der einzelnen Leute stellte sich heraus, dass der Kippenhof erst seit tafszuvor durch die Frau mit den kleinen Kindern bezogen worden war und dass auch das Dienstmaedchen, welches immer das Essen in den Kippenhof gebracht hatte, noch bis Sontags Dienst verrichtet hatte. Ich konnte an Ort und Stelle klaeren dass "Kapt. King" Sonntags -also tagszuvor verhuist war und zwar in die Richtung auf Scherpenzeel zu. Thijssen hatte in allen Punkten die Wahrheit gesagt. Er konnte nicht wissen dass "King" inzwischen verhuist war, dann der Tag des Unternehmens lag etwa 14 Tage hinter dem Festnahme Thijssens. Obwohl ich den Auftrag dazu hatte habe ich den Hof nicht abgebrannt, weil ich diese Art von "Arbeit" nicht schaetzte. Ich habe auch aus der Familie des Bauern Lagerway keinerlei Festnahme gemacht, weil ich vor allem der Bauernsfrau eine Mithilfe nicht nachweisen konnte. Wir sind so wieder abgefahren, wie wir gekommen waren.
Wie ich einige Wochen spaeter hoerte, ist diese ganze Angelegenheit nochmals durch ein Kommando der SIPO in Apeldoorn aufgerollt worden, welches aus Belgien gekommen war und unter dem Befehl des Hautsturmfuehrers Fieltz stand, der seinen Sitz in Aperldoorn hatte. Bei dieser Gelegenheit ist dann der Bauernhof Lagerway in Brand gesteckt worden. Ob es stimmt weiss ich nicht genau, ich habe nur einmal beilaeufig darueber gehoert. Soweit ich weiss ist "King"spaeter nicht mehr festgenommen worden. Doch ist das Kdo. Fieltz mehrfach aud seine weiteren Spuren gestossen, so auch auf den Bauern Lagerway.
Weiter machte Thijssen noch Angaben ueber einen ...


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... niederl. Para-Offz. der sich "Major Olmstedt" od. aehnl. nannte. Dieser sollte sich auch irgendwo mit einem gelandeten Kommando in der "Achterhoek" aufhalten. Weiter nannte er seine Verbindungen zu verschiedenen andere niederlaendischen Para-Funkers die aber meist all hinter oder dicht an der Yssel arbeiteten, sodass diese Angelegnheiten durch Kommandos bearbeitetet wurden die dort stationiert waren. Zu der Zeit lag ja fast jeder Stadt im osten des Landes von uns ein Kommando, da sich die ganzen Kommandos aud Frankreich und Belgien hier im Lande meist an der Landes grenze nach Deutschland hin versommelt hatten. Ich war mit keinem dieser neuen Kommandos bekannt weil ich so gut wie nie in diesen Bereich kam. ich kann auch nicht sagen wer alles auf Grund der Angaben des Jan Thijssen festgenommen worden ist. Durch mich -ueberhaupt durch das ganze Kdo. Frank- sind kaum festnahmen in dieser Hinsicht gemachtworden, Ich wusste jedenfalls keine.

Ich weiss nicht wie es kam, doch hoerte ich spaeter dass Jan Thijssen der vom 2e Tage seiner Haftzeit an in Zwolle im Gefaengnis sass, etwa am 6.3.45 als Geisel fuer "Rauter" erschossen worden ist. In Den Haag fragten wir uns gegenseitig, wie diese moeglich sein kennte aber keiner konnte darueber Aufschluss geben. Es sicherte langsam durch, dass diese auf Draengen des Reichskommissars geschah, weil dieser die Ansicht vertrat dass Thijssen fanatischer Kommunist sei. Ob dieser Grund stimmt weiss ich nicht es wurde darueber so gut wie nichts weiter verlautbart. Auf jeden Fall stimmt es dass Thijssen an der betr. Stelle, wo sich der Ueberfall auf Rauter ereignete unter vielen anderen mit erschossen worden ist. Dieses hoerte ich als bestimmt.

Bei dem einen Begleiter der mit Thijssen zusammen festgenommen wurde handelte es sich um einen Dr. Eskes od. aehnl. von dem Thijssen angegeben hatte, dass er eine "nebensaechliche" Figur in der "illegalen" welt darstelle. Er bat am Tage seiner Festnahme als er sich zur Mitarbeit anbot darum, Dr, eskes und den Kraftfahrer -X- frei zu lassen, da diese mit seiner Arbeit nichtszutun haetten. Beide waren bisher nur oberflaechlich durch Frank selbst verhoert worden. Als "unwichtiges" Papier hatte Dr. Eskes einen Briefumschlag bei sich auf dem etwa 20 Vornamen von Madchaen verseichnet standen. Aud die Frage hin, was diese Vornamen zu bedeuten habe antwortete er dass die seine Freundinnen seien und er habe die Leidesu...


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... ihre Vornamen und die Anzahl des ausgeuebten Geschlechtsverkehrs zu notieren. Hinter der Vornamen standen naemlich in Klammern Zahlen bis zi etwa 20, jedoch nicht der Reihe nach. Also haetten die Angaben des Dr. Eskes wohl stimmen koennen. Wenn er sich weigerte darueber auch nur irgendwelche Angaben zu machen war das als verstaendlich quittiert worden, zumal Dr. Eskes verheiratet war.
Dr. eskes under der Kraftfakrer -X- wurden jedenfalls nicht laenger in Haft gehalten, sondern wurden mit einem Transport zu "Ysselbefestigungen" verpflichtet. Nach einige Tagen stellte man aber fest dass beide gefluechtet waren. Bei der Gelegenheit stellte es sich auch heraus dass Dr. Eskes eine besondere Funktion als Leiter der Kurierlinien des RVV inne hatte. Die Vornamen auf seinem Briefumschlag waren die Namen der "Kurierinnen" und die Zahlen die Nummern der "Kurier-Stellen". Einige Wochen spaeter ist Thijssen in Zwolle noch zu diesem Thema verhoert worden, aber Dr. eskes hatte inzwischen alle Kurier und Kurierstellen geaendert, weil er ahnte dass Gefahr im Verzuge war.
Waehrend ich von dem Kraftfahrer -X-, der wie gesagtbei der Fa. Stockvisch, Amsterdam oder Rotterdam, als Kraftfahrer taetig war, nichts mehr vernahm, hoerte ich wieder einige Wochen spaeter dass Dr. Eskes irgendwo im Osten des Landes erneut festgenommen wurde. Ich kann aber nicht sagen durch welches Kommando und wo er geschah. Ich weis nicht einmal dass er durch die SIPO festgenommenist. Es kann genau so gut die Feldgendarmerie oder die "ordnungspolizei" gewesen sein. Ich weiss auch nicht, wo er verblieben ist. Vielleicht koennte der Kraftfahrer -X- darueber Angaben machen, da ich annehme dieser mit Dr. Eskes nach der Flucht zusammengearbeitet hat.


22) Dr. med. Brauwer - Tuijn - Bilthoven -

Etwa gegen Ende 1943 kam von der Ast-Niederlande"eine VM-Meldung bei uns ein wonach der Niederlaender Dr. Med. Meindert Brauwer aus Bilthoven Verbindung zu einer Funkverbindung nach England habe und der in der Lage sei Berichte nach England zu uebermitteln. Die glieche Meldung brachte dann auch einige Tage nach der nach der SIPO V-Mann A. van der Waals -"de Wilde"- der fuer Schreieder arbeitete. "De Wilde" wohl der grosste, intelligenteste und leistungsfaehig- ...